Gunther Plüschow
der „Flieger von Tsingtau“


Am 8.2.1886 wird Gunther Plüschow als Sohn eines Offiziers in München geboren. Kurz nach seiner Geburt erfolgt ein Umzug nach Rom, wo Gunther in einem französischen Priesterseminar erzogen wird. Nach wenigen Jahren stirbt der Großvater, so dass die Familie nach Deutschland zurückkehrt und ein Haus im mecklenburgischen Schwerin bezieht.


LtzS Plüschow  Plüschow in Fliegerkombi  Plüschow mit Fliegerhaube 
Fotos aus Militärgeschichtlicher Sammlung Cayé in Holtenau

Am 1.4.1896 beginnt das militärische Leben von Gunther Plüschow, als dieser bei der Kadettenanstalt in Plön aufgenommen wird. Er besteht dort das Fähnrichsexamen und wird Mitglied der Crew 1904. Seine Begeisterung für den Beruf des Offiziers steigert sich noch, als er wunschgemäß der Teilstreitkraft Marine zugeordnet wird. Zwei Jahre später wird er zum Leutnant befördert und schifft sich im Oktober 1906 auf einem Reichspostdampfer ein, um sein Kommando auf dem im Fernen Osten stationierten Kreuzer Fürst Bismarck anzutreten. Nach einer darauffolgenden Verwendung als ältester WO auf einem Torpedoboot wird Plüschow auf den für ihn unbefriedigenden Posten eines Inspektionsoffiziers nach Mürwik kommandiert. Nur durch seine Hartnäckigkeit gelingt es ihm, Urlaub zu erhalten, um bei den Rumpler-Werken in Berlin-Johannisthal die Flugzeugführerausbildung zu machen. Während Gunther Plüschow in Berlin noch auf geeignetes Flugwetter wartet, erhält er die Kommandierung nach Tsingtau, einem deutschen Flottenstützpunkt in China, wo er sich nach abgeschlossener Pilotenausbildung einzufinden hat. Diese Nachricht beflügelt ihn so, dass er einen Rekord aufstellt und bereits nach 5 Tagen sein Pilotenexamen besteht.

Mitte Juli 1914 ist es dann soweit: Das Flugzeug ist zusammengebaut, und Gunther Plüschow startet zu seinem ersten Flug über chinesischem Boden. Er hat gerade zwei Wochen Zeit, das Gelände zu erkunden, als am 2.8.1914 der Krieg ausbricht. An einem der ersten Kriegstage stürzt Plüschow wegen Motorversagens beim Landeanflug ab. Mitgebrachte Ersatzteile sind jedoch vermodert, und so werden in 3 Tagen und Nächten sämtliche notwendigen Teile bis hin zum Propeller selber gefertigt. Durch seine stetigen Aufklärungsflüge macht sich Gunther Plüschow einen Namen als „Flieger von Tsingtau“, der dem Feind von Flug zu Flug lästiger wird, jedoch trotz aller gegnerischen Anstrengungen nie zu Schaden kommen.

Er kann jedoch der Festung auch nicht mehr helfen, als Anfang November 1914 die Munition zu Ende geht. Sein letzter Auftrag ist, die Geheimdokumente und die goldene Spitze der Fahne des III. Seebataillons in Sicherheit zu bringen. Unter schwerem Beschuss startet er am 6.11.1914, kann aber unverletzt im neutralen Hai-Dschou landen. Dort vernichtet er sein Flugzeug und bekommt sogar eine Dschunke zur Verfügung gestellt, um die nächste Etappe seines Weges in die Heimat zurückzulegen. Da er überall von Scotland Yard gesucht wird, gelingt es Plüschow nur über mehrere Mittelsmänner, die Geheimdokumente der Botschaft in Shanghai zu übergeben.

Aus demselben Grund gestaltet sich seine weitere Flucht äußerst kompliziert. Über Nagasaki, Honolulu, San Francisco und New York gelangt er nach Europa.

Im Februar 1915 verriet ihn ein Schweizer im Hafen von Gibraltar an die Engländer. Die Gefangenschaft bringt ihn über verschiedene Gefangenenlager am 1.5.1915 nach Donington Hall. In der Nacht vom 4. auf den 5. Juli gelingt ihm mit einem Kameraden von dort die Flucht nach London. Eine Bekannte hilft ihm, ein Schiff zu finden, das nach dem Festland ausläuft. Als blinder Passagier schifft Plüschow sich auf der Prinzess Juliana ein und erreicht unbeschadet Holland. Der weitere Weg, mit dem Zug in die Heimat zu gelangen, ist einfach. Am 13. Juli 1915 erreicht er Schwerin, um sofort seinen Militärdienst wieder aufzunehmen. Bis 1917 ist er Kommandant der Seeflugstation Libau, bevor er für ein gutes Jahr zur Seefliegerstation Holtenau versetzt wird. Er ist Leiter der Seefliegerabteilungen Holtenau, Libau und Putzig. 1918 empfängt er in Holtenau die Kaiserin, dies ist zugleich deren letzter Besuch bei der Marine.


Danach ist er noch in Zeebrügge und Seddin stationiert, ehe er am 22.11.1919 als Korvettenkapitän aus dem Militärdienst ausscheidet. Gunther Plüschow wird nur knapp 45 Jahre alt. Der „Flieger von Tsingtau“ stürzt am 28.1.1931 bei einem Flug über Feuerland ab, und sowohl er als auch sein Begleiter können nur noch tot geborgen werden.